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14. Februar 2024

KI ist in aller Munde, aktuell wird häufig vor allem die generative KI beleuchtet. Was man genau darunter versteht und inwieweit sie eine Chance für Unternehmen sein kann, erklärt Achim Himmelreich, Gobal Head Consumer Engagement bei unserem ECC CLUB Mitglied Capgemini, im Interview.

Was verstehst du konkret unter generativer KI?

KI gibt es de facto schon sehr lange, spätestens die Dartmouth AI Conference im Jahre 1956 muss als Geburtsstunde angesehen werden. Und KI ist im Grunde nichts anderes als Mustererkennung durch mathematische Korrelationsbildung, d. h. man zeigt einer KI abertausende Bilder, beispielsweise von Katzen und Objekten und durch einfaches Feedback („Ist eine Katze“, „Ist keine Katze“) „lernt“ die KI und ist in der Lage, mit nahezu 100 %iger (aber nie genau 100 %) Wahrscheinlichkeit zu sagen, ob es sich bei einem konkreten Bild um eine Katze handelt oder nicht.
Allerdings hat KI in den Jahrzehnten nach 1956 keine großen Fortschritte gemacht. Der Durchbruch kam erst in diesem Jahrhundert im Zuge der exponentiell gestiegenen Rechner- und Speicherleistung, schließlich muss die KI eine hohe Anzahl von Iterationen durch ein aus sehr vielen Layern bestehendes neuronales Netzwerk durchlaufen (Deep Learning), um die entsprechend hohen Wahrscheinlichkeiten bilden zu können. Und damit ist KI mittlerweile in der Lage, nahezu alle Typen von Mustern zu identifizieren, seien es Bilder, Geräusche oder mathematische Analysepunkte.

Wenn man so will, ist dies der passive Part der KI-Geschichte. Mit generativer KI haben wir nun die „aktive Ära“ eingeläutet. Während die traditionelle KI z. B. erkennen konnte, ob es sich bei einem Musikstück um einen Elvis-Song handelt, kann ich mit Hilfe generativer KI einen neuen Titel erstellen lassen – „Erstelle den Song In the Ghetto von Elvis im Stil von Taylor Swift“, d. h. generative KI kann Muster anwenden und beliebig kombinieren. Und dies betrifft nicht nur Sprache wie bei ChatGPT, sondern auch Musik, Videos, Bilder... also alles, was sich auf Muster zurückführen lässt, was in der Tat fast unsere gesamte physische und digitale Realität umfasst.

Wie schätzt du die aktuellen Auswirkungen von generativer KI auf den Einzelhandel ein?

Eine Neuerung der generativen KI ist ganz entscheidend: Sie ist so einfach zu bedienen, dass jeder sie nutzen kann. ChatGPT geht als das Tool in die bisherige Geschichte der Technologie ein, welches sich am schnellsten verbreitet hat. Die Endverbraucher:innen des Handels nutzen daher bereits KI und sind damit vertraut. Auf der anderen Seite beginnen innovative Handelsunternehmen, generative KI einzusetzen. Die erste Welle betrifft den vergleichsweise einfachen Bereich der Kommunikation, der KI-basierte Chatbots für den Austausch mit Kund:innen oder sogenannte Workforce-Empowerment-Tools umfasst, welche Mitarbeiter:innen im Geschäft bei ihren alltäglichen Arbeitsabläufen unterstützen. Auch die Erstellung von Marketingmaterialien wie Leaflets und andere Werbemittel erfolgt zum Teil schon mit Unterstützung generativer KI. Die nächsten Wellen werden dann komplexere Problemstellungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette betreffen.

Welche innovativen Ansätze im Marketing und bei der Customer Experience können Einzelhandelsunternehmen entwickeln, um den Verbraucherpräferenzen gewinnbringend zu begegnen?

Die Geschichte des Handels zwischen 1900 und 2000 kann auch als ein Prozess der Anonymisierung betrachtet werden. Während mich in früheren Zeiten die berühmte Tante Emma kannte und persönlich beraten hat, gehe ich heute in den Supermarkt, und die gesamte Transaktion läuft völlig anonym ab. Das hat sich durch E-Commerce schon etwas geändert, weil ich durch Login erkannt werde und etwa personalisierte Empfehlungen erhalte.
Aber mit generativer KI steht der Customer Experience ein Quantensprung bevor: Tante Emma wird zurückkommen, diesmal als künstliche und nicht als menschliche Intelligenz. Sie wird mir mit Rat und Tat zur Seite stehen und so mit mir kommunizieren, wie ich es möchte – sei es als Text, als Stimme oder als virtueller Avatar. Und sie wird „mächtiger“ sein als ihre Vorgängerin, denn sie wird in der Lage sein, mein Einkaufsverhalten zu managen.
In der finalen Evolutionsstufe könnte man auch von einem „Personal Commercial Assistant“ sprechen.

Inwieweit spielt generative KI in den momentanen Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit eine Rolle bei der Effizienzsteigerung im Handel?

Man kann ein Handelsunternehmen inklusive seines Lieferantenökosystems auch als eine Summe von Prozessen betrachten, wobei die Prozesseffizienz letztlich z. B. darüber entscheidet, ob ein Unternehmen die Kostenführerschaft erreicht oder eben nicht.
Diese gesamten Prozesse werden aktuell durch die Lieferengpässe und makroökonomische sowie politische Disruptionen einem Stresstest unterzogen. Und Prozesse sind stets von Mustern geprägt, die man schon immer versucht zu erkennen.
Kann ich etwa am Abverkaufsverhalten eines bestimmten Produktes erkennen, wann ich es nachordern sollte? Ja, das kann man schon sehr lange – der Handel hat die entsprechenden Prozesse längst etabliert. Möchte ich aber die gesamte Wertschöpfungskette und alle gesellschaftlichen, politischen und soziologischen Prozesse, die den Konsum beeinflussen, betrachten, dann stehe ich vor dem Problem der Hyperkomplexität. Diese war bislang nicht beherrschbar, aber das wird sich mit generativer KI Schritt für Schritt ändern.
Mit anderen Worten: Die Effizienz von Prozessen im Handel und damit auch langfristige Wettbewerbsvorteile werden in Zukunft maßgeblich davon abhängen, wie gut ein Handelsunternehmen generative KI in seine Prozesse integriert.

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