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28. Juli 2022

Digital Service Act und Digital Markets Act bilden eines der umfangreichsten europäischen Gesetzespakete für die gesamte digitale Wirtschaft. Sie wurden am 05. Juli 2022 vom EU-Parlament verabschiedet. Änderungen im weiteren Verfahren werden nicht mehr erwartet. Es wird die Praxis vor große Herausforderungen stellen, wenn die Regelungen wie erwartet zum 01. Januar 2024 zu beachten sind. Das befürchtete Verbot der Datennutzung für Onlinewerbung kommt jedenfalls nicht über dieses Paket. ECC CLUB Mitglied Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei Wienke & Becker – Köln, gibt eine erste Übersicht.

Unmittelbar geltende EU-Verordnungen

Es handelt sich um EU-Verordnungen, die unmittelbar auch ohne Umsetzung in den Gesetzen der Mitgliedsstaaten Anwendung finden, wie man es etwa von der DSGVO kennt.

Der DSA, also das Digitale Dienste-Gesetz ergänzt die 20 Jahre alte E-Commerce-Richtlinie, aktualisiert diese und bringt neue Informationspflichten. Es geht um Sorgfaltspflichten und den Umgang mit Inhalten, die Nutzer:innen bereitgestellt haben, Haftung für Inhalte ab Benachrichtigung und es sollen mit einheitlichen Meldeverfahren der Hassrede und weiteren nicht gesetzeskonforme Inhalten im Internet EU-weit gültige gleichartige Regeln entgegengestellt werden. Solche Inhalte sollen künftig unter der gesteigerten Verantwortung der Plattformen schneller verschwinden. Das deutsche Netzdurchsetzungsgesetz dürfte damit obsolet werden.

Es werden damit aber auch Handelsregelungen getroffen, die etwa gefälschte Waren betreffen oder den Handel mit Wildtieren und Wildtierprodukten künftig erschweren.

Die Regelungen stellen auch Prüfpflichten für Plattformen auf, ob Anbieter ihren Informationspflichten nachkommen. Vorgesehen sind Stichproben von Angeboten, ob Anbieter z.B. Produktfälschungen anbieten und ggf. Inhaltefilter. Zur Unterstützung solcher Prüfungen soll es offizielle Datenbanken mit Informationen zu entsprechenden Angeboten geben.

Bei dem DMA geht es zudem um die Regulierung von großen Internetunternehmen durch wettbewerbsrechtliche Regeln, die etwa Suchmaschinen, soziale Netzwerke und Onlinevermittlungsplattformen betreffen.

In allen Regelungswerken geht es um die Verbesserung des Verbraucherschutzes.

Zwar fehlt es noch an der Zustimmung des Rates. Die ständigen Vertreter:innen der EU-Länder in Brüssel haben die Gesetze aber schon abgesegnet. Von den Ministerien wird keine Änderung mehr erwartet. Nach der Verkündung im Amtsblatt der Europäischen Union würde der DSA dann wohl Anfang 2024 voll wirksam.

Infopflichten sollen Transparenz bringen

Wie so häufig geht es dem Gesetzgeber um Transparenz. Dazu werden Werbetreibende z.B. verpflichtet, bei der Onlinewerbung auf Onlineplattformen zusammen mit bzw. in der Werbung zahlreiche Informationen bereitzuhalten, wie etwa die Nennung des Auftraggebers und ggf. eines abweichenden Finanziers einer Werbekampagne. Der Adressat oder die Adressatin der Werbung soll auch erkennen können, warum gerade ihm oder ihr die Werbung gezeigt wird. Dazu sind die Zielgruppenparameter zu benennen.

Dark Patterns Regelungen

Hier geht es um die Beeinflussung der Nutzer:innen, die künftig verboten sein soll. Solche Beeinflussungen kennt man etwa von den Cookie-Bannern, wo durch bestimmte Gestaltungen der Nutzer zu einem Einverständnis gedrängt wird. Das Nudging, wie es auch genannt wird, ist auch bei Kaufangeboten bekannt.

Schon wird beklagt, dass damit Bemühungen der Unternehmen, die Nutzer:innen zu einem nachhaltigen Verhalten zu bewegen, torpediert werden. Auch die Beendigung von vertraglichen Abreden, etwa zu Abos, darf nicht mehr erschwert werden. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass eine Beendigung so einfach sein muss, wie die Begründung des Vertrages.

VLOP-Aufsicht bei der EU

„Very large online plattforms“ (VLOP) werden in einem völlig neuen Konzept, das Frankreich forciert gefordert hatte, von der EU beaufsichtigt und nicht - wie bei der DSGVO - von den einzelnen Ländern. Um die kleineren Plattformen müssen sich die jeweiligen Mitgliedsstaaten kümmern. Es ist noch unklar, wer das in Deutschland übernehmen wird (z.B. Bundesnetzagentur oder Landesmedienanstalten).

Digital Markets Act (DMA)

Hier dreht es sich vor allem um die VLPOPs, also die großen Onlineplattformen und wettbewerbsrechtliche Anforderungen, die erfüllt werden müssen. Solche sog. „Gatekeeper“ werden reguliert, um einen möglichst diskriminierungsfreien und fairen Zugang zu den Angeboten und die Nutzung anfallender Daten zu gewährleisten. So werden sie zum Beispiel im Ranking nicht mehr eigene Angebote bevorzugen dürfen. Die Regelungen verbieten es großen Tech-Unternehmen, Daten aus verschiedenen Quellen ohne ausdrücklicher Nutzereinwilligung zusammenzuführen. Es gibt Regeln für große Messenger-Dienste (z.B. WhatsApp). Dies müssen gewährleisten, dass sie auch Nachrichten von anderen Anwendungen empfangen können.

Zudem müssen bei Empfehlungssystemen Optionen angeboten werden, die auf eine Profilbildung verzichten.

Fazit

Die Bedeutung der Gesetzgebungsakte wird sich für die Praxis erst nach und nach erschließen und es ist absehbar, dass sich Probleme bei der Umsetzung ergeben werden. Die EU hat noch mehr in der Pipeline:

Bereits abgeschlossen ist der Data Governance Act, die Beratungen zum Data Act haben gerade erst begonnen. Mitten in den Beratungen befindet sich noch die Verordnung über Künstliche Intelligenz (AI Act), bei der sowohl Rat als auch Parlament derzeit noch ihre Standpunkte sammeln. Weiterhin unklar ist die Zukunft der seit einem halben Jahrzehnt überfälligen E-Privacy-Verordnung.

ÜBER DEN AUTOR

Rechtsanwalt Rolf Becker ist Partner der Rechtsanwälte WIENKE & BECKER in Köln und Autor von Fachbüchern und Fachartikeln zum Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Vertriebsrecht insbesondere im Fernabsatz. Als Mitglied im ECC CLUB kommentiert Rechtsanwalt Becker für das ECC KÖLN regelmäßig aktuelle Urteile zum Online-Handel und gibt Händlern praktische Tipps, wie sie mit den gesetzlichen Vorgaben umgehen sollen. 

RA Becker auf Twitter: http://twitter.com/rolfbecker   

Er ist auch Autor auf den Informationsdiensten www.versandhandelsrecht.de.

PRESSEHINWEISE

Gerne dürfen Sie den Text von Herrn Becker redaktionell weiterverwenden. Bitte geben Sie hierbei die URL zum Rechtstipp sowie folgende Quelle an: RA Rolf Becker WIENKE & BECKER / ECC Rechtstipp. Bitte senden Sie ein Belegexemplar bzw. den Link zur Veröffentlichung an presse(at)ifhkoeln.de. Vielen Dank!

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