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15. Oktober 2025

Ob Suche, Filter oder Angebotskommunikation: Die Qualität der Produktdaten entscheidet heute maßgeblich über den digitalen Erfolg im Handel. Warum Produktdatenqualität weit mehr ist als eine technische Pflichtaufgabe und wie Händler sie strategisch als Erfolgsfaktor nutzen können, erläutert Thorsten Hamann, Senior Digital Consultant von unserem ECC CLUB Mitglied SHOPMACHER, im Interview.

Warum ist hohe Produktdatenqualität gerade für Handelsunternehmen relevant?

Die gesamte Angebotskommunikation im Handel hängt direkt von der Qualität der vorhandenen und nutzbaren Produktinformationen ab.
Nur mit guten Produktdaten lässt sich ein überzeugendes Kundenerlebnis schaffen: Kund:innen finden passende Produkte über Suche, Filter und Vergleich, die Navigation ist intuitiv und die Darstellung im Shop überzeugend. Das verbessert die User Experience – und hebt spürbar die Conversion Rate.
Zudem reduzieren gute Produktdaten die Retourenquote, weil das Produkt tatsächlich der Darstellung im Shop entspricht. Das schafft Vertrauen in Marke und Händler.

Wenn du von “guten Produktdaten” sprichst, was meinst du damit?

Produktdatenqualität basiert auf einigen grundlegenden Kriterien, die immer gelten. Darüber hinaus kommen – je nach Zielgruppe und Einsatzkontext – individuelle Anforderungen hinzu, die wir gemeinsam mit unseren Kund:innen definieren und priorisieren.

Wichtige Basisfaktoren sind Vollständigkeit, Korrektheit und Konsistenz.
Vollständigkeit ist dabei relativ: Sie beginnt beim absoluten Minimum an Information, das benötigt wird, um ein Produkt überhaupt verkaufen zu können, aber die Skala für den betriebenen Aufwand ist nach oben offen. Die vollständigen Produktdaten zu haben, ist ein Wettbewerbsvorteil, aber es sollten immer die Kosten gegen den Ertrag abgewogen werden - das Prinzip des Grenznutzens gilt natürlich auch hier.

Korrektheit scheint simpel, kann aber vom Kontext abhängen. Für den Shop reicht vielleicht eine Angabe in ganzen Metern, während für das Product Lifecycle Management exakte Millimeter notwendig sind.

Bei häufig aktualisierten Produkten zählen Aktualität und Eindeutigkeit. Es muss klar erkennbar sein, um welche Variante des Produktes es sich genau handelt. In regulierten Branchen wie Lebensmittel, Pharma oder Textil ist zudem die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben (Compliance) Pflicht.

Außerdem müssen diese Informationen natürlich auch konsistent sein, also in allen Kanälen und Touchpoints, vom Instagram-Reel bis zum Preisschild in der Filiale verlässlich gleich sein, um das Vertrauen der Kund:innen nicht zu verlieren und Abbrüche kurz vor Schluss zu verhindern.

Die einzelnen Aspekte müssen je nach Situation unterschiedlich gewichtet werden. Manchmal ist es sinnvoller, schnell mit nur den grundlegenden Daten online zu gehen und diese später zu ergänzen. In anderen Fällen lohnt es sich, von Anfang an die Extra-Meile bei den Produktdaten zu gehen, um beispielsweise erklärungsbedürftige oder hochpreisige Produkte angemessen inszenieren zu können.

Wie kann man die Datenqualität messen und wie verbessert man sie konkret?

Datenqualität ist ein kontinuierlicher Prozess, keine Checkbox, die man abhakt, wenn man fertig ist. Spoiler: "Fertig" gibt's hier nicht.

Seit rund 25 Jahren gibt es spezialisierte Systeme, um Produktdaten zentral zu erfassen, anzureichern und in verschiedene Kanäle zu verteilen: sogenannte PIM-Systeme (Product Information Management). Wenn der Fokus stärker auf der Nutzung und Erfolgsmessung der Daten liegt, spricht man von PXM – Product Experience Management.

Das Ziel ist immer gleich: eine zentrale, verlässliche Quelle für alle Produktinformationen – die “Single Source of Truth”. PIM- und PXM-Systeme unterstützen diesen Qualitätsprozess aktiv mit verschiedensten Funktionen. Sie prüfen automatisch auf Vollständigkeit, sowohl allgemein als auch für Marktplätze mit eigenen Anforderungen wie Amazon oder Zalando, ohne deren Erfüllung die Produkte oft gar nicht erst gelistet werden.

Was sind die typischen Herausforderungen?

Die größte Herausforderung liegt in der Vielfalt der Datenquellen. Informationen kommen aus internen Systemen, von Herstellern, Lieferanten oder externen Datenanbietern. In vielen Branchen kommen sie auch von Spezialdienstleistern, die “Produktdaten as a Service” anbieten. Jede dieser Datenquellen liefert die Daten unterschiedlich modelliert in jeweils technisch anderer Form.

Zudem wird der Aufwand für Pflege und Anreicherung der Produktdaten häufig unterschätzt. Gerade bei großen oder wechselnden Sortimenten ist das keine Aufgabe, die man “nebenbei” erledigt. Es braucht Fachwissen über Produkte, Prozesse und Systeme und kann deswegen nur begrenzt von Werkstudierenden oder Aushilfen übernommen werden.

Mit klaren Prozessen, automatisierter Unterstützung und KI lässt sich der Aufwand deutlich reduzieren, aber nicht eliminieren. Deshalb ist es entscheidend, sich erfahrene Partner ins Boot zu holen, die den Übergang in ein neues System begleiten und sicherstellen, dass die Produktdaten-Menschen den Übergang von der vorherigen in die neue Welt schaffen, ohne ihre Gesundheit oder den laufenden Betrieb zu gefährden.

Das sind eine Menge Themen. Wo soll man anfangen?

Der erste Schritt ist eine ehrliche Bestandsaufnahme: Wie steht es um die aktuelle Datenqualität? Wie läuft der Lebenszyklus der Produktinformationen im Unternehmen? Dabei sollte man unbedingt die Mannschaft mitnehmen, die täglich an und mit den Daten arbeitet. Dann kann anhand der Pain Points und Optimierungspotenziale priorisiert werden. Welche Probleme sind am dringendsten, welche Verbesserungen bringen schnellen Mehrwert?

Wichtig ist, nicht in die Falle zu tappen, erst einen vollumfänglichen Plan zu erstellen, sondern nach der ersten Analyse ins Handeln zu kommen und dann kontinuierlich dranzubleiben. Am besten beginnt man mit einigen niedrig hängenden Früchten, also schnell zu lösenden Punkten, die aber sofort spürbare Verbesserung bringen, um die Mannschaft zu motivieren und Schwung in die Sache zu bringen. Schließlich beginnt gerade ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess!

 

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