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27. Mai 2025

Der demografische Wandel, ein zunehmender Fachkräftemangel und veränderte Wertehaltungen der nächsten Generation stellen den Mittelstand vor große Herausforderungen bei der Unternehmensnachfolge. Im Interview beleuchtet Hans-Claudio von Kameke, Geschäftsführer bei unserem ECC CLUB Mitglied TGMC, zentrale Stolpersteine, aktuelle Trends und Erfolgsfaktoren.

Warum ist die Nachfolgesuche im Mittelstand derzeit ein so zentrales Thema?

Der demografische Wandel – Babyboomer als Firmenlenker scheiden aus, und viele stehen gleichzeitig vor dem Problem der Nachfolge.

Der „Fachkräftemangel“ – betrifft nicht nur Facharbeiter:innen, sondern auch hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte, die auch potentielle Nachfolger:innen wären.

Es gibt auch einen Wertewandel in der Nachfolge-Generation – Unternehmerische Nachfolge ist und bleibt riskanter als ein gut dotierter Managementjob und erscheint daher vielleicht vielen als weniger attraktiv. Startups erscheinen vielen Jüngeren interessanter und weniger riskant. Das betrifft häufig auch die jüngeren Familienmitglieder, die für eine Nachfolge vorgesehen waren und andere Pläne entwickeln.

Wie nimmst du die Stimmung unter Unternehmerinnen und Unternehmern wahr, wenn es um das Thema Nachfolge geht?

Es gibt die Unsicherheit über den richtigen Zeitpunkt. Setze ich doch lieber auf ein Familienmitglied oder hilft der externe Manager? Wie offen gehe ich in die Suche, um nicht Kunden, Lieferanten oder Bänker zu erschrecken? Mit den rechtlichen, finanziellen und steuerlichen Aspekten fühlt sich manch Mittelständler überfordert - wer kümmert sich um das Thema?

Es ist aber auch viel Emotionalität im Spiel. Ein Identitätsverlust droht mit der Frage: „Wer bin ich ohne mein Unternehmen?“ Welche Fehler macht die Nachfolge? Natürlich gibt es auch die Zweifel an der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, und Schuldgefühle gegenüber Mitarbeitenden oder Familie sind ebenfalls bedeutende Faktoren.

Dazu kommen die organisatorischen Herausforderungen: Mittelständler verlassen sich oft auf implizites Wissen im Unternehmen, z. B. in Bezug auf Kundenbeziehungen, interne Prozesse oder Lieferketten. Wissensmanagement ist in großen Konzernen selbstverständlich, aber im Mittelstand häufig ein Fremdwort.

Was sind aus deiner Sicht die größten Stolpersteine bei der Nachfolgeplanung im inhabergeführten Mittelstand?

Da ist zuerst das zu späte Angehen des Themas zu nennen: Viele Unternehmer beginnen zu spät mit der Planung, was zu hektischen oder unstrukturierten Übergaben führt. Eine strukturierte Nachfolge benötigt mehrere Jahre Vorlauf. Ohne klare Vision oder definierte Kriterien für die Nachfolge fehlt eine solide Entscheidungsgrundlage. Unter Zeitdruck wird eher nach dem Prinzip „Wer will, der darf“ gehandelt, nicht unbedingt nach Eignung.

Fehlende objektive Bewertung/Familienkonflikte: In Familienunternehmen gibt es oft unterschiedliche Interessen, Erwartungen oder ungeklärte Rollenverteilungen unter den Nachkommen, und es fehlt die objektive Bewertung. Das kann zu Spannungen führen und die Entscheidung, wer die Nachfolge antreten soll, erschweren.

Emotionale Bindung: Viele Inhaber:innen tun sich zudem schwer, Kontrolle abzugeben, besonders wenn sie das Unternehmen selbst aufgebaut haben. Die Identifikation mit dem Lebenswerk erschwert den objektiven Blick auf notwendige Übergaben.

Mangelnde Kommunikation: Das Thema Nachfolge wird häufig vermieden oder totgeschwiegen, sei es aus Angst, Unsicherheit oder Konfliktscheue. Die Angst, die eigene Organisation mit der Nachricht über den Start des Nachfolgeprozesses zu verunsichern, ist irrational, denn das Team macht sich darüber meist schon länger Gedanken. Nicht-Kommunikation ist also das größere Übel. Das erschwert eine klare und rechtzeitige Regelung. Oft ist nicht klar kommuniziert, wer wann welche Rolle übernimmt. Das führt zu Unsicherheiten bei Mitarbeite:innen und Partnern. Gerade die meist stark zentralisierte Entscheidungsgewalt der Inhaber:innen ist häufig mit unklaren, weil anderen Kompetenzen für Nachfolger:innen verbunden. Hier muss transparent kommuniziert werden.

Welche Trends beobachtest du aktuell im Hinblick auf Nachfolgeregelungen?

Durch den steigenden Bedarf für qualifizierte Nachfolger:innen besteht ein großer Wettbewerb um die Top Kandidat:innen. Es kommt zu einer Zunahme externer Übernahmen (MBO, MBI), weil sie Flexibilität bieten und zusätzliche fachliche Kompetenz ins Unternehmen bringen. Die Digitalisierung von Prozessen führt zu wachsendem Beratungsbedarf der Unternehmen: Hier können auch diverse KI-Tools zur Bewertung von Nachfolgekandidat:innen helfen.
Internationalisierung und Diversität sind weitere Trends: Internationale Investoren oder Fachkräfte, die sich niederlassen möchten, sind auf der Suche nach Gelegenheiten. Immer mehr Frauen übernehmen Führungsrollen – auch als Nachfolgerinnen im Mittelstand.
Jüngere Nachfolger:innen legen Wert auf agile Organisationen, Nachhaltigkeit, moderne Führungsstrukturen und Digitalisierung. Das Nicht-Vorhandensein kann sogar ein zusätzlicher Kaufanreiz für sie sein, weil sie eine Turnaround-Möglichkeit sehen.

Was sind deiner Meinung nach Erfolgsfaktoren für eine gelungene Unternehmensnachfolge?

Eine frühe Planung und Strategiefestlegung mit Einbindung relevanter Stakeholder, transparente Kommunikation und Ableitung klarer und realistischer Zielbilder. Der Onboarding-Prozess der Nachfolge sollte Teil aller vorherigen Überlegungen sein. Dafür ist eine gewisse gemeinsame Zeit gut und sinnvoll, aber der Ausstiegszeitpunkt des Inhabers/der Inhaberin sollte fixiert sein. Hinauszögern oder Unklarheit in diesem Punkt kann fatal für die Motivation der Nachfolge sein.

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