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20. September 2023

Die Werbung mit Kundenbewertungen ist ein wichtiges Instrument des Marketings, nicht nur online. Händler, die sich hiermit befassen, sollten die Fallen kennen, die eine solche Werbung beinhaltet. ECC CLUB Mitglied, Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei Wienke & Becker, berichtet über ein aktuelles Urteil des Landgericht Hamburg und erläutert, welche Angaben wichtig sind und was Sie bei der Werbung beachten müssen.

Die Beklagte des Hamburger Verfahrens vermittelte Immobilienverkäufer:innen an Immobilienmakler:innen. Auf ihrer Webseite warb sie mit Kundenbewertungen, genauer mit Durchschnittsnoten. Ihre Kund:innen bewerteten ihre Makler:innen im Durchschnitt mit 4,7 von 5 möglichen Sternen, so die Aussage. Weitere Angaben dazu erfolgten nicht. Es gab auch keinen Link zu den Bewertungen oder ähnliche Aufklärung. Zudem warb sie mit der Angabe „Bekannt aus: Die Welt, ONLINE FOCUS, Frankfurter Allgemeine, N24“ unter Einblendung der entsprechenden Logos ohne Angabe einer Fundstelle.

Abmahnung wegen Irreführung

Ein Wettbewerbsverband mahnte diese Werbung als unlauter und damit unzulässig ab. Der Verband rügte, die Vermittlerin habe nicht alle erforderlichen Informationen in ihrer Werbung für die Verbraucher:innen bereit gehalten und daher liege eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor.

Seit Mitte 2022 lautet § 5a UWG neu gefasst:

(1)Unlauter handelt auch, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält,

    1. die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
    2. deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Als Vorenthalten gilt auch

    1. das Verheimlichen wesentlicher Informationen,
    2. die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise sowie
    3. die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen.

LG Hamburg verurteilt zur Unterlassung

Die Hamburger Richter:innen folgten grundsätzlich der Argumentation (LG Hamburg, Urt. v. 16.9.2022, Az. 315 O 160/21) und sahen in der Werbung mit der Kundendurchschnittsnote ohne weitere Angaben eine Verletzung des § 5a Abs. 1 Nr. 1 UWG, weil den Verbraucher:innen wichtige Informationen vorenthalten wurden.

Der klagende Verband hatte argumentiert, die Verbraucher:innen benötigten Angaben über die Gesamtzahl der Bewertungen, den relevanten Zeitraum, in dem die Bewertungen gesammelt wurden, sowie eine Aufschlüsselung zur Berechnungsweise im Wege der Angaben der Anzahl je nach Sternenklassen.

Anzahl der Kundenbewertungen und Bewertungszeitraum

Das LG Hamburg sah auch die Angabe der Gesamtzahl und des Zeitraums als wesentliche Information an, die bei der Werbung mit der Angabe einer Kundenbewertung zu erfolgen habe:

„…denn die Bedeutung einer Durchschnittsbewertung steigt erheblich, umso mehr Bewertungen insgesamt vorliegen. Zwar handelt es sich, wie die Beklagte zurecht ausführt, um subjektive Bewertungen, die gerade nicht nach objektiven Kriterien und aus verschiedensten Motiven abgegeben werden, allerdings steigt durch die Anzahl der Bewertungen die Repräsentativität. Bewirbt also ein Unternehmer sein Angebot mit durchschnittlichen Kundenbewertungen, so ist die Anzahl der Bewertungen von erheblichem Gewicht für die Entscheidung des Verbrauchers, denn diese bestimmt maßgeblich, ob und wie stark die Durchschnittsbewertung selbst seine Entscheidung beeinflusst (…)…“

Auch die Angabe des Zeitraums, in dem Bewertungen für eine Durchschnittsbewertung berücksichtigt wurden, stellt eine wesentliche Information im Sinne des § UWG § 5a Abs. UWG § 5A Absatz 1 UWG n.F. dar. Ein Verbraucher wird Bewertungen, die aus aktuellerer Zeit stammen, stärker bei seiner Entscheidung berücksichtigen, während er ältere Bewertungen bei seiner Entscheidung eher vernachlässigen oder sogar komplett ignorieren wird. Es ist daher erforderlich, dass aus der Darstellung der Durchschnittsbewertung in irgendeiner Form erkennbar ist, aus welchem Zeitraum die berücksichtigten Bewertungen stammen, sei es durch Einblendung der eingeflossenen Bewertungen mit ihrem jeweiligen Datum oder durch eine Beschreibung berücksichtigten Zeitraums.“

Teilweise beruhen Durchschnittsangaben nur auf einer sehr kleinen Anzahl von Bewertungen, die die Werbenden natürlich nicht so gerne offenlegt, weil dadurch eventuell offenbar wird, dass er erst kurz am Markt tätig ist und nur geringe Akzeptanz vorweisen kann. Ein Kunde oder eine Kundin kann dann in den Erwartungshaltungen getäuscht sein.

Der Autor dieses Beitrages hat bereits früher in einem anderen Verfahren vor dem LG Münster (Urteil vom 18.02.2022, Az.: 021 O 67/21) eine vergleichbare Entscheidung zu Kundenbewertungen erstritten. Der Beklagten wurde es untersagt, eine Google Bewertung aufzurufen, ohne die Möglichkeit, die einzelnen Kundenbewertungen aufzurufen.

Nicht notwendig: Angabe zur Aufschlüsselung der Bewertung

Die Angabe zur Aufschlüsselung der Bewertungen, also wie häufig eine Bewertung in der jeweiligen Sternekategorie vergeben wurde, ist aus Sicht der Hamburger Richter keine wesentliche Information zur Berücksichtigung einer Durchschnittsbewertung.

„Eine Durchschnittsbewertung bildet lediglich das arithmetische Mittel der abgegebenen Bewertungen wieder. Ob die Bewertungen eher auseinanderfallen oder die Leistung in der Regel ähnlich bewertet wird, ist keine Frage, die sich bei der Berücksichtigung der Durchschnittsbewertung stellt, sondern es ließen sich darauf losgelöst von der Durchschnittsbewertung neue Schlüsse ziehen.“

Neue UWG Informationspflicht zu Kundenbewertung

Die Richter:innen sahen auch keine Beschränkung der notwendigen Angaben durch die am 28.05.2022 in Kraft getretene Regelung des § UWG § 5b Abs. 3 UWG:

Dieser regelt:

3) Macht ein Unternehmer Bewertungen zugänglich, die Verbraucher im Hinblick auf Waren oder Dienstleistungen vorgenommen haben, so gelten als wesentlich Informationen darüber, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von solchen Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben.

Die Beklagte meinte, das sei abschließend gemeint und weitere als die dort als erforderlich angegebenen Informationen seien nicht notwendig.

Dem folgte das LG Hamburg nicht. Die Regelung sei nicht abschließend, sondern regele eine notwendige Basisinformation, die bei der Werbung mit Bewertungen stets notwendig sei, wobei zusätzliche Informationen nach den Umständen des Einzelfalls notwendig sein könnten.

Werbung mit „Bekannt aus“ benötigt keine weiteren Angaben

Die Werbung mit der Angabe „Bekannt aus:“ und der anschließenden Angabe von Presse- oder Rundfunkerzeugnissen ohne eine Fundstellenangabe ließen die Richter:innen unbeanstandet, da es sich nicht um eine wesentliche Information handele. Die Verbraucher:innen entnehme der Werbung nur, dass das Unternehmen oder Produkt Erwähnung gefunden habe. Wertende, für die Kaufentscheidung wichtige Ergebnisse, werden damit nicht zwingend verbunden.

Social-Media kann gefährlich sein

Händler, die mit Kundenbewertungen und vor allem mit Durchschnittsnoten werben wollen, müssen dazu weitere Angaben vorsehen. Diese Angaben kann man selbst vorsehen oder auch via Link etwa auf die entsprechende Seite des Bewertungsportals. Vorsicht ist bei Social-Media-Aufritten geboten. So ist es z.B. bei Facebook und Instagramm nicht an jeder Stelle möglich Links zu platzieren.

Fazit

Dem Urteil ist insgesamt zuzustimmen. Prüfen Sie Ihre Werbung und holen Sie sich vor allem auch dann professionellen Rat von spezialisierten Anwält:innen, wenn Sie mit eigenen Kundenbewertungen werben wollen.

ÜBER DEN AUTOR

Rechtsanwalt Rolf Becker ist Partner der Rechtsanwälte WIENKE & BECKER in Köln und Autor von Fachbüchern und Fachartikeln zum Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Vertriebsrecht insbesondere im Fernabsatz. Als Mitglied im ECC CLUB kommentiert Rechtsanwalt Becker für das ECC KÖLN regelmäßig aktuelle Urteile zum Online-Handel und gibt Händlern praktische Tipps, wie sie mit den gesetzlichen Vorgaben umgehen sollen. 

RA Becker auf Twitter: http://twitter.com/rolfbecker   

Er ist auch Autor auf den Informationsdiensten www.versandhandelsrecht.de.

PRESSEHINWEISE

Gerne dürfen Sie den Text von Herrn Becker redaktionell weiterverwenden. Bitte geben Sie hierbei die URL zum Rechtstipp sowie folgende Quelle an: RA Rolf Becker WIENKE & BECKER / ECC Rechtstipp. Bitte senden Sie ein Belegexemplar bzw. den Link zur Veröffentlichung an presse(at)ifhkoeln.de. Vielen Dank!

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