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22. Mai 2025

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) bringt neue Anforderungen für Anbieter digitaler Dienstleistungen: Ab dem 28. Juni 2025 müssen nicht nur Webseiten barrierefrei gestaltet sein – auch eine formalisierte Barrierefreiheitserklärung wird Pflicht. Was Online-Händler jetzt wissen sollten, erklärt ECC-Clubmitglied Rechtsanwalt Rolf Becker.

Wen trifft die neue Pflicht?

Laut § 3 Abs. 1 BFSG gilt die Verpflichtung zur Barrierefreiheit und zur Veröffentlichung einer entsprechenden Erklärung für alle Unternehmen, die elektronische Dienstleistungen für Verbraucher:innen erbringen. Darunter fallen nicht nur klassische Online-Shops, sondern auch Webseiten, auf denen Produkte oder Services vorgestellt und zur Kontaktaufnahme eingeladen wird – also auch z.B. Terminbuchungsportale, wenn ein rechtlicher Anspruch auf die Leistung entsteht. Reine Informationsangebote oder B2B-Seiten sind ausgenommen.

Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme unter 2 Mio. Euro (§ 3 Abs. 3 Satz 1 BFSG) müssen keine Erklärung abgeben – können dies aber freiwillig tun, um Transparenz zu schaffen und Missverständnisse zu vermeiden. Zudem sollten ausgenommene Unternehmen (Kleinstunternehmen) auf Nachfrage der Behörde nachweisen können, dass sie die Ausnahmekriterien erfüllen.

Was muss in die Erklärung?

Die Barrierefreiheitserklärung muss barrierefrei zugänglich sein und klar darlegen, inwieweit die angebotenen Online-Dienste den gesetzlichen Anforderungen entsprechen (§ 14 BFSG i.V.m. Anhang 3).

Der Gesetzgeber fordert:

  • eine Beschreibung der konkreten Dienstleistung,
  • Erläuterungen zur technischen Umsetzung der Barrierefreiheit, (z.B. Grad der Barrierefreiheit, ggf. nicht barrierefreie Inhalte),
  • die Nennung der zuständigen Marktüberwachungsbehörde (Kontaktmöglichkeit).

Bis wann – und wie?

Die Frist läuft bis zum 28. Juni 2025. Bis dahin sollten nicht nur die technischen Anpassungen erfolgt sein – auch die Erklärung muss online abrufbar und leicht auffindbar sein, z. B. über einen Footer-Link. Laut Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/28653, S. 79) orientiert sich der Gesetzgeber dabei an § 12b BGG. Eine sogenannte „Negativerklärung“ für nicht-pflichtige Anbieter ist nicht vorgesehen. Für bereits bestehende digitale Angebote besteht eine Übergangsfrist bis zum 28. Juni 2030.

Was droht bei Verstößen?

Fehlende oder fehlerhafte Erklärungen können teuer werden: Die Behörden dürfen Bußgelder von bis zu 100.000 Euro verhängen. Auch Marktüberwachungsmaßnahmen sind möglich – etwa das Untersagen nicht barrierefreier Angebote. Zusätzlich drohen Abmahnungen: Das BFSG gilt als Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG – ein Hebel für Mitbewerber, Verbände und Kammern.

Fazit

Barrierefreiheit endet nicht beim Webdesign – sie beginnt dort. Wer digitale Dienstleistungen zukunftssicher anbieten will, sollte die neue Erklärungspflicht ernst nehmen und frühzeitig umsetzen. Die Umsetzung der Barrierefreiheit bietet aber nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern eröffnet auch wirtschaftliche Chancen: Barrierefreie Online-Shops sind für mehr Menschen zugänglich, darunter auch ältere Nutzer:innen oder Menschen mit temporären Einschränkungen. Unternehmen, die frühzeitig handeln, können sich positiv vom Wettbewerb abheben und neue Kundengruppen erschließen. Technisch empfiehlt es sich, die anerkannten Standards wie die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und den europäischen Standard EN 301 549 zu berücksichtigen, um eine möglichst umfassende Zugänglichkeit zu gewährleisten.

Die Barrierefreiheitserklärung sollte regelmäßig überprüft und bei Änderungen aktualisiert werden. Wer Fragen zur Umsetzung hat, sollte rechtzeitig fachlichen Rat einholen und die Prozesse dokumentieren. So wird Barrierefreiheit zur Chance für Innovation und nachhaltigen Erfolg.

ÜBER DEN AUTOR

Rechtsanwalt Rolf Becker war bis Ende 2023 Partner und Mitbegründer der Rechtsanwaltssozietät Wienke & Becker – Köln, die mit Ablauf des Jahres 2023 beendet wurde. Er ist Autor von Fachbüchern und Fachartikeln zum Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Vertriebsrecht, insbesondere im Fernabsatz. Als Mitglied im ECC CLUB kommentiert Rechtsanwalt Becker für das ECC KÖLN regelmäßig aktuelle Urteile zum Onlinehandel und gibt Händlern praktische Tipps, wie sie mit den gesetzlichen Vorgaben umgehen sollen.

Rechtsanwalt Becker auf X (ehemals Twitter): https://x.com/rolfbecker

PRESSEHINWEISE

Gerne dürfen Sie den Text von Herrn Becker redaktionell weiterverwenden. Bitte geben Sie hierbei die URL zum Rechtstipp sowie folgende Quelle an: RA Rolf Becker / ECC Rechtstipp. Bitte senden Sie ein Belegexemplar bzw. den Link zur Veröffentlichung an presse(at)ifhkoeln.de. Vielen Dank!

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