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23. Januar 2025

ECC-Clubmitglied Rechtsanwalt Rolf Becker beleuchtet noch einmal die wichtigsten rechtlichen Änderungen, die Unternehmen im Jahr 2025 erwarten. Abschaltung OS-Plattform, E-Rechnung, Produktsicherheitsverordnung, Verpackungsverordnung, Barrierefreiheit und Textformerleichterungen im Arbeitsrecht. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über zentrale Neuerungen und deren Bedeutung für die Praxis.

1. Abschaltung der OS-Plattform

Die Plattform, die seit ihrer Einführung im Jahr 2016 ein wichtiges Instrument zur außergerichtlichen Klärung von Streitigkeiten im Online-Handel für Verbraucher:innen sein sollte, es aber nie war, wird im Jahr 2025 abgeschaltet. Nur eine Minderheit nutzte die OS-Plattform, um eine Beschwerde einzureichen, und nur 2 % dieser Beschwerden erhalten eine positive Antwort von Unternehmer:innen. Insgesamt entspricht dies etwa 200 Fällen pro Jahr in der gesamten Union. Mit einer Verordnung des Rates der Europäischen Union vom 19. Dezember 2024 wurde die Schließung offiziell beschlossen. Die alte Verordnung wird mit Wirkung vom 20. Juli 2025 aufgehoben und alte Daten werden gelöscht. Die Einreichung von Beschwerden auf der OS-Plattform wird am 20. März 2025 eingestellt. Die Plattform bleibt jedoch bis Mitte 2025 funktionsfähig. Händler und Unternehmen müssen sich auf zeitgerechte Anpassungen an ihrer Online-Präsenz einstellen, um keine Abmahnungen zu kassieren. Es entfällt zwar die Verpflichtung, einen Link zur OS-Plattform bereitzustellen (siehe Art. 14 ODR Verordnung). Der Link kann und muss ab 20.03.2025 gelöscht werden, denn sonst wird es irreführend. Die Pflichten im Zusammenhang mit der außergerichtlichen Streitbeilegung nach der Richtlinie 2013/11/EU bleiben allerdings. Es gilt weiter § 36 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz VSBG. Danach haben Unternehmer:innen, die eine Webseite unterhalten oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden, die Verbraucher:innen leicht zugänglich, klar und verständlich in Kenntnis zu setzen davon, inwieweit sie bereit oder verpflichtet sind, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen und sie müssen weiterhin auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen, wenn sich die Unternehmer:innen zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichten oder wenn sie auf Grund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme verpflichtet sind; der Hinweis muss Angaben zu Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle sowie eine Erklärung der Unternehmer:innen, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, enthalten.

Viele Händler nutzen derzeit neben Angaben dazu, ob sie zur außergerichtlichen Streitbeilegung bereit sind einen weiteren standardisierten Text mit Link wie: „Zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten bietet die Europäische Kommission eine Plattform zur Online-Streitbeilegung an, die Sie unter [Link zur OS-Plattform] finden.“ Nach der Schließung der Plattform stimmt diese Aussage nicht mehr. Genau genommen wird ab 20.03.2025 keine Streitbeilegung mehr betrieben, da Anträge nicht mehr entgegengenommen werden.

Künftig müssen Unternehmen und Verbraucher:innen vermehrt auf nationale oder branchenspezifische Schlichtungsstellen ausweichen, falls man die Sache nicht über die normalen Gerichte klären will.

Durch diese Maßnahmen lassen sich nicht nur rechtliche Risiken minimieren, sondern auch das Vertrauen der Kund:innen stärken. Händler, die eine klare und moderne Streitbeilegungspolitik umsetzen, positionieren sich langfristig als kundenorientierte und rechtssichere Anbieter.

Tipp: Wenn Sie bei früheren Abmahnwellen Unterlassungserklärungen zur Verlinkungspflicht abgegeben haben, lassen Sie prüfen, ob hier eine Kündigung möglich und empfehlenswert ist!

2. Einführung der verpflichtenden E-Rechnung

Ab dem 1. Januar 2025 wird die elektronische Rechnung in einem strukturierten elektronischen Format (E-Rechnung) in Deutschland insoweit verpflichtend, als Unternehmen in der Lage sein müssen, solche Rechnungen zu empfangen und zu verarbeiten. Ab dem 1. Januar 2027 sind Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von mehr als 800.000 Euro verpflichtet, E-Rechnungen auszustellen. Ab dem 1. Januar 2028 gilt diese Pflicht für alle Unternehmen, die B2B-Geschäfte tätigen oder mit öffentlichen Auftraggebern (B2G) in Deutschland abrechnen. Betroffen sind Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler:innen, die verpflichtet sind, elektronische Rechnungen zu erstellen, zu empfangen und gemäß den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoBD) zu verarbeiten. Ziel der Maßnahme ist die Digitalisierung und Effizienzsteigerung des Rechnungsverkehrs. Übergangsregelungen erlauben jedoch die Nutzung von PDF-Rechnungen bis Ende 2026, sofern der oder die Empfänger:in zustimmt. Für Unternehmen mit weniger als 800.000 Euro Umsatz gilt dies sogar bis Ende 2027.

Ausnahmen gelten für Kleinunternehmer:innen gemäß § 19 UStG, die keine Umsatzsteuer abführen und keine Vorsteuer geltend machen, sowie für Vereine oder bestimmte Einzelunternehmer:innen, die ausschließlich steuerfreie Umsätze erbringen. Unternehmen, die grenzüberschreitend mit Nicht-EU-Staaten tätig sind, können ebenfalls ausgenommen sein, sofern ihre Rechnungsstellung über Drittstaatensysteme erfolgt, die nicht den deutschen Anforderungen entsprechen (z. B. US-Unternehmen, die QuickBooks nutzen).

3. Neue Produktsicherheitsverordnung: Verstärkte Verantwortung für Händler

Seit dem 13. Dezember 2024 gilt die EU-Verordnung 2023/988 zur Produktsicherheit, die erweiterte Pflichten für Hersteller, Importeure und Händler festlegt. Ziel ist es, den Verbraucherschutz in einem zunehmend digitalisierten Markt zu stärken. Unternehmen in der Lieferkette müssen klar definierte Verantwortlichkeiten übernehmen, die durch empfindliche Sanktionen abgesichert sind. Diese umfassen Bußgelder von bis zu 4 % des Jahresumsatzes, Rückrufpflichten und potenzielle strafrechtliche Konsequenzen für Verantwortliche.

Hersteller müssen technische Dokumentationen erstellen und Risikobewertungen durchführen, um die Sicherheit ihrer Produkte zu gewährleisten. Gleichzeitig verlangt die Verordnung eine lückenlose Rückverfolgbarkeit entlang der Lieferkette. Auch Importeure und Händler sind verpflichtet, sicherzustellen, dass die von ihnen vertriebenen Produkte die Sicherheitsanforderungen erfüllen. Eine Neuerung betrifft Fulfillment-Dienstleister, die nun als eigenständige Wirtschaftsakteure eingestuft werden und daher Verantwortung für die Produktsicherheit übernehmen müssen.

Der Online-Handel steht besonders im Fokus. Plattformbetreiber müssen gewährleisten, dass die auf ihren Marktplätzen angebotenen Produkte den gesetzlichen Sicherheitsstandards entsprechen. Dies schließt die Bereitstellung von sicherheitsrelevanten Informationen ein, aber auch die Koordination von Produktrückrufen, falls Gefahren auftreten. Händler und Einkäufer sollten prüfen, ob alle notwendigen Konformitätsdokumente vorhanden sind, und regelmäßige Kontrollen der Produktkonformität in ihren Prozessen verankern.

4. Neue Anforderungen der EU-Verpackungsverordnung

Die neue EU-Verpackungsverordnung (PPWR) bringt ab 2025 strengere Anforderungen an die Recyclingfähigkeit von Verpackungen und die Reduktion schädlicher Stoffe mit sich. Ziel ist es, Verpackungsabfälle zu reduzieren und den Umweltschutz zu stärken. Ab 2030 müssen alle in den europäischen Markt eingeführten Verpackungen vollständig recyclingfähig sein und mit den bestehenden Systemen zur getrennten Sammlung und Sortierung kompatibel sein.

Die Verordnung führt ein System von Leistungsstufen ein, das den Recyclinggrad der Verpackungen angibt. Verpackungen mit einem recycelbaren Anteil unter 70 % gelten künftig als nicht recyclingfähig und dürfen nicht mehr verwendet werden. Ausnahmen gelten unter anderem für 100-prozentige Recyclingwaren sowie Verpackungen, die ausschließlich dem Schutz oder Transport von Waren dienen.

Händler sind verpflichtet, ihre Verpackungen auf Konformität zu überprüfen. Verpackungsmaterialien sollten hinsichtlich ihrer Recyclingfähigkeit und ihres Schadstoffgehalts untersucht und bei Bedarf durch konforme Alternativen ersetzt werden. Durch die Minimierung von Verpackungsvolumen und -gewicht lassen sich zudem Logistikkosten sparen.

5. Datenschutz und Barrierefreiheit im Fokus

Im Jahr 2025 treten mit dem European Accessibility Act (EAA) verbindliche Vorgaben zur Barrierefreiheit für digitale Angebote in Kraft.

Händler, die Waren oder Dienstleistungen online anbieten, müssen sicherstellen, dass ihre Websites den neuen Standards entsprechen. Dies betrifft die gesamte Shop-Website, von der Navigation und den Cookie-Bannern bis hin zu Datenschutzhinweisen, AGB-Texten, Angebotsbeschreibungen und sicherheitskritischen Produktinformationen.

Websites müssen so gestaltet sein, dass sie für Menschen mit Behinderungen uneingeschränkt nutzbar sind. Dies umfasst unter anderem barrierefreie Navigation, verständliche Inhalte, Kompatibilität mit Hilfstechnologien wie Screenreadern sowie kontrastreiche und gut lesbare Texte. Auch Drittanbieter-Tools wie Zahlungsdienste oder Chat-Plugins müssen barrierefrei sein. Händler sollten daher alle Elemente ihrer Websites genau prüfen und notwendige Anpassungen frühzeitig vornehmen, um rechtliche Risiken zu vermeiden und die Nutzerfreundlichkeit für alle Kundengruppen zu verbessern.

6. Bürokratieentlastung im Arbeitsrecht

Zum 1. Januar 2025 greift das vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV). Darin geht es um die Digitalisierung der Personalarbeit. Das Nachweisgesetz verpflichtet Arbeitgeber:innen derzeit, bei den ansonsten formfreien Arbeitsverträgen die wesentlichen Bedingungen dieser Verträge schriftlich niederzulegen und Mindestinhalte aufzunehmen. Jetzt kann die Abfassung und Übermittlung mit Aufforderung zum Empfangsbekenntnis auch in Textform erfolgen, also per E-Mail z.B. (siehe § 2 Nachweisgesetz). Das Vertragsdokument muss aber weiterhin für den oder die Arbeitnehmer:in zugänglich sein, gespeichert und ausgedruckt werden können. Mitarbeitende können auch weiterhin die Übermittlung ihrer wesentlichen Arbeitsbedingungen in Schriftform verlangen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 NachwG n.F.). In der Baubranche und im Gasstätten, - und Beherbergungsgewerbe, im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe und in der Fleischwirtschaft (Wirtschaftsbereiche nach § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) bleibt das Schriftformerfordernis bestehen. Vorsicht auch bei bestimmten Befristungen (siehe TzBfG). Künftig sind auch Arbeitszeugnisse zumindest in elektronischer Form (siehe § 126a BGB) möglich (siehe auch Neufassung § 630 Satz 3 BGB). Achtung: Das verlangt eine qualifizierte elektronische Signatur und die Einwilligung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin. Die wird vielleicht häufiger auch schon deshalb ausbleiben, weil aus der Signatur Zeitangaben ersichtlich werden. Auch der Anspruch auf Elternzeit (§ 16 Abs. 1 BEEG) oder der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit (§ 15 Abs. 7 Nr. 5 BEEG) kann z.B. per E-Mail in Textform wirksam geltend gemacht werden. Aushangpflichten in § 16 Arbeitszeitgesetz können künftig z.B. im Intranet erfüllt werden, wenn alle Beschäftigten Zugang haben.

ÜBER DEN AUTOR

Rechtsanwalt Rolf Becker war bis Ende 2023 Partner und Mitbegründer der Rechtsanwaltssozietät Wienke & Becker – Köln, die mit Ablauf des Jahres 2023 beendet wurde. Er ist Autor von Fachbüchern und Fachartikeln zum Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Vertriebsrecht, insbesondere im Fernabsatz. Als Mitglied im ECC-Club kommentiert Rechtsanwalt Becker für das ECC Köln regelmäßig aktuelle Urteile zum Onlinehandel und gibt Händlern praktische Tipps, wie sie mit den gesetzlichen Vorgaben umgehen sollen.

Rechtsanwalt Becker auf X (ehemals Twitter): https://x.com/rolfbecker

PRESSEHINWEISE

Gerne dürfen Sie den Text von Herrn Becker redaktionell weiterverwenden. Bitte geben Sie hierbei die URL zum Rechtstipp sowie folgende Quelle an: RA Rolf Becker / ECC Rechtstipp. Bitte senden Sie ein Belegexemplar bzw. den Link zur Veröffentlichung an presse(at)ifhkoeln.de. Vielen Dank!

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