
Die Ansprüche des B2B und B2C-Onlinehandels gehen oft in eine ähnliche Richtung. Unterschiede gibt es dennoch zu beachten, insbesondere mit Blick auf technologische Hürden bei etablierten Händlern und die neuen Erwartungen der B2B-Käufer:innen. Tom Sellin, Commercial & GTM Lead bei unserem ECC CLUB Mitglied Mondu, erläutert im Interview die Rolle von Payment als Wachstumstreiber im B2B-E-Commerce.
Worin unterscheidet sich der B2B-E-Commerce aus deiner Sicht von B2C-Plattformen?
In den letzten Jahren hat der B2B-Commerce massiv an Fahrt aufgenommen. Bis 2025 werden Unternehmen voraussichtlich über die Hälfte ihrer Einkäufe online tätigen. Gleichzeitig haben sich die Ansprüche der B2B-Einkäufer:innen gewandelt: Sie erwarten mittlerweile ein ebenso komfortables digitales Einkaufserlebnis wie im B2C – einschließlich nahtloser Prozesse und flexibler Zahlungsmöglichkeiten. Die typischen Entscheider:innen von heute sind häufig in der digitalen Welt zu Hause und übertragen ihre Erfahrungen als Privatkund:innen auf den Geschäftsbereich.
Für etablierte B2B-Händler bedeutet das eine enorme Herausforderung. Viele arbeiten mit gewachsenen, komplexen IT-Systemen und traditionellen Abläufen, die einen schnellen Wandel erschweren. Funktionen, die im B2C längst Standard sind – etwa Echtzeit-Verfügbarkeiten, personalisierte Ansprache oder eine breite Auswahl an Zahlungsarten – lassen sich in alten Systemlandschaften nur mit erheblichem Aufwand implementieren. Hinzu kommt, dass B2B-Geschäfte oft durch individuelle Preise, Angebote und interne Genehmigungsprozesse geprägt sind. Doch wer hier nicht in moderne E-Commerce-Plattformen investiert, riskiert den Anschluss zu verlieren. Neue digitale Player und Marktplätze wie Amazon Business setzen bereits Maßstäbe mit nutzerfreundlichen, schnellen Shopping-Erlebnissen. B2B-Kund:innen vergleichen ihr Online-Einkaufserlebnis zunehmend mit solchen Benchmarks – und wenden sich ab, wenn ein Anbieter digital nicht mithalten kann.
Welche Stellschrauben im Online-Funnel eines B2B-Shops sind aus deiner Sicht besonders wichtig, um die Conversion zu optimieren?
Entlang der Customer Journey gibt es viele Faktoren, die die Conversion beeinflussen – von einer übersichtlichen Website-Navigation und informativen Produktseiten bis hin zu schnellen Ladezeiten. Aber der entscheidende Moment ist meist der Checkout. Hier zeigt sich, ob aus einem gefüllten Warenkorb auch ein tatsächlicher Kauf wird. Laut einer ECC-Studie leiden Kundenzufriedenheit und Wiederkaufsrate bei über 90 % der Händler deutlich, wenn der Checkout nicht reibungslos funktioniert ¹. Im B2B-Umfeld ist das nicht anders: Eine schlechte Checkout-Erfahrung kann selbst die zuvor überzeugten Geschäftskund:innen noch zum Abbruch bewegen.
Besonders im Checkout sollten B2B-Händler daher genau hinsehen. Zum einen muss der Prozess unkompliziert und transparent sein – keine unnötigen Formulare oder Hürden, die Zeit kosten. Zum anderen ist die Auswahl der Zahlungsmethoden ein kritischer Hebel. Geschäftskund:innen haben oft klare Präferenzen, was Zahlungsmittel angeht. Wenn ihre bevorzugte Option fehlt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie den Kauf abbrechen. Daher gilt: Zahlungsarten wie Kauf auf Rechnung mit verschiedenen Zahlungszielen, Ratenkauf und Lastschrift sollten fest im Angebot verankert sein.
Ebenso wichtig ist die Geschwindigkeit: B2B-Kund:innen sind heute aus dem B2C-Bereich gewohnt, dass Zahlungen in Sekundenbruchteilen autorisiert werden. Sie erwarten auch im beruflichen Kontext Echtzeit-Entscheidungen – etwa bei der Bonitätsprüfung für einen Rechnungskauf. Kurz gesagt: Je nahtloser und vielfältiger der Checkout abläuft, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Conversion.
Welche Bedeutung haben flexible Zahlungsoptionen wie z. B. Kauf auf Rechnung oder Ratenzahlung für die Kaufentscheidung von Geschäftskund:innen?
Flexible Zahlungsoptionen spielen für Geschäftskund:innen eine enorm wichtige Rolle. Im B2B geht es bei einer Bestellung oft um hohe Beträge und um das Liquiditätsmanagement des einkaufenden Unternehmens. Die Möglichkeit, auf Rechnung zu kaufen oder in Raten zu zahlen, kann hier kaufentscheidend sein. Viele Firmen bevorzugen den Kauf auf Rechnung, weil er ihnen erlaubt, die Ware sofort zu erhalten und erst später zu bezahlen – das schont den Cashflow. Wenn ein Anbieter diese Option nicht bietet, ist das häufig der Grund, warum ein:e Kund:in sich gegen den Kauf entscheidet.
Tatsächlich bieten über 80 % der Händler ihren Geschäftskund:innen offline die Zahlung auf Rechnung an, doch nur rund 45 % tun dies auch online – und das, obwohl sich 95 % der B2B-Käufer:innen genau diese Möglichkeit wünschen. ² Hier besteht also eine deutliche Lücke. Sie wirkt sich direkt auf die Conversion aus: Finden Unternehmen im Checkout nicht die von ihnen präferierte Zahlungsart, brechen sie den Vorgang im Zweifel ab und suchen nach einer Alternative.
Flexible Payment-Lösungen sind daher echte Conversion-Treiber im B2B. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten gewinnen sie zusätzlich an Bedeutung. Angesichts von Faktoren wie Inflation und steigenden Kosten achten Unternehmen noch stärker auf ihre Zahlungsziele. „Buy Now, Pay Later“-Modelle – also heute kaufen und später zahlen – werden im B2B-E-Commerce weiter an Zulauf gewinnen; davon sind wir überzeugt.
Allerdings stehen Händler auch vor Herausforderungen, wenn sie solche Optionen anbieten wollen. Höhere Warenkörbe bedeuten ein höheres Ausfallrisiko, und die Bonitätsprüfung neuer Firmenkund:innen ist komplexer als im B2C. Umso wichtiger ist ein gutes Risiko- und Forderungsmanagement im Hintergrund. Egal ob Händler hier auf eigene Lösungen setzen oder mit B2B-Payment Anbietern zusammen arbeiten, in jedem Fall gilt: Flexible Zahlungsoptionen sind kein „Nice-to-have“ mehr, sondern ein Muss, um im B2B-Onlinehandel erfolgreich zu verkaufen und Kund:innen langfristig zu binden.
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Quellenangaben:
¹ www.ifhkoeln.de/erfolgsfaktoren-im-e-commerce/
² www.ifhkoeln.de/produkt/der-moderne-b2b-einkauf/