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Die Wohnbranche ist im Wandel. Längst hat das Internet Einzug gehalten. Was die Veränderungen für die Stores bedeuten und welchen Weg IKEA in der digitalen Transformation einschlägt, darüber hat Dr. Eva Stüber mit Michael Mette von IKEA Deutschland gesprochen.

Wir steigen direkt ein: Stichwort Digitalisierung – was bringt es IKEA?

Mette: Das Schönste ist, dass wir durch die Digitalisierung neue Kunden gewonnen haben. Seit wir z. B.  Küchen online verkaufen, erreichen wir Kundengruppen, die sich vorher nicht mit dem IKEA-System von Selbstauswahl, -transport und -aufbau anfreunden konnten. Für diese bieten wir offensichtlich jetzt das  richtige Komplettpaket. Generell: Im Jahr 2013 haben wir 90 Millionen Euro Onlineumsatz gemacht, nur 2,2 Prozent Umsatzanteil. Im letzten Geschäftsjahr, also Ende August 2015, haben wir schon 190 Millionen Euro online realisiert, ca. 4,2 Prozent. Für 2020 halten wir 10 Prozent für völlig realistisch.

Woher kommen denn die neuen Kunden – aus Ikea-Gebieten oder aus den wenigen weißen Flecken in Deutschland?

Mette: Sowohl als auch. Die meisten stammen aus den bestehenden Einzugsbereichen von IKEA, aber wir erreichen nun auch Menschen, die über Ikea.de zu uns kommen, weil die Distanz online keine Rolle mehr spielt.

Blick in die Bestell- und Abholstation von IKEA in Ravensburg.

Quelle: obs/IKEA Deutschland GmbH & Co. KG

Gleichzeitig schafft IKEA neue Formen stationärer Präsenz, zum Beispiel mit den Pick-up-Points. Können sie schon etwas zu den Erfahrungen sagen?

Mette: Bei den Pick-up-Points haben wir zwei komplett verschiedene Set-ups. IKEA Leipzig ist mit dem ÖPNV nur schwierig erreichbar und auch mit dem Auto dauert es von Leipzig aus ca. 45 Minuten. Deshalb haben wir ein Pick-up, ein reines Lager, in Leipzig City eröffnet. Das heißt, wir haben keinen neuen Markt erschlossen, sondern sind mit dem Service näher an den Kunden herangerückt. In Ravensburg ist die Situation eine andere. Hier haben wir eine kaufkraftstarke Region, in der IKEA in einem Umkreis von rund 120 Kilometern nicht vertreten ist und wir nicht so ohne weiteres ein eigenes Haus bauen können. Also haben wir eine Immobilie gemietet und einen Bestell- und Abholpunkt daraus gemacht. Die Kunden können Teile des IKEA-Sortiments ansehen, die Produkte aber nicht direkt mitnehmen oder bezahlen. Kaffee und Kerzen gibt es ebenfalls nicht. Aber die Kunden können sich eine Küche planen oder sich beraten lassen und sie können alles ordern. Die Bestellung wird dann am nächsten Tag von Ulm nach Ravensburg geliefert. Dieses Modell läuft aktuell sehr gut – schließt für uns einen weißen Fleck und beflügelt die Umsätze im Mutterhaus in Ulm. Grundsätzlich überlegen wir, was der Markt aus Kundensicht benötigt. Insgesamt laufen 30 unterschiedliche Tests in ganz Europa.

Durch die Omni-Channel-Denke entstehen kundenseitig neue Anforderungen. Nicht nur in Sachen Sortiment, Kommunikation und Preis, sondern in allen Dimensionen, oder?

Mette: Absolut. Wir versuchen mittlerweile das Wort Kanäle gar nicht mehr zu benutzen. Der Kunde denkt nicht so. Unsere Kunden möchten bei IKEA kaufen und je nach Situation nutzen sie dafür ihr Smartphone, ihren Laptop oder kommen in einen unserer Stores, um doch mal ein Produkt genauer anzusehen. Aber alles ist IKEA und wir müssen sicherstellen, dass der Kunde ein homogenes Einkaufserlebnis bekommt. Das ist ein herausfordernder Prozess.

Und trotzdem unterscheidet sich das Kaufverhalten online und offline ja zuweilen stark. Stichwort Impulskäufe: Planen Sie Maßnahmen für den Teelichterkauf online?

Mette: Nein, wir werden sicher keine Vorreiter sein, online Impulskäufe auszulösen. Grundsätzlich möchten wir die Frequenz möglichst in den Häusern forcieren. Wir lösen eine Menge Impulskäufe in der Markthalle aus und dieses Potenzial möchten wir nicht durch Onlineimpulskäufe torpedieren.

Eva Stüber traf Michael Mette, stellvertretender Geschäftsführer IKEA Deutschland, in der Deutschlandzentrale von IKEA in Wallau zum Interview.

Und umgekehrt? Welche digitalen Technologien halten Einzug in die IKEA-Filialen?

Mette: In zwei unserer Stores fangen wir jetzt an, unsere Mitarbeiter mit iPads auszurüsten, damit sie mobiler und schneller Kundenbedürfnisse bedienen können. Informationen werden an der Stelle abrufbar, an der sich Kunden befinden und nicht nur an den Servicepoints. Das ist allerdings auch eine technische Herausforderung: Wir mussten unsere Häuser erst einmal aufwendig in Sachen W-LAN nachrüsten. Das ist z. B. auch für Funktionen der IKEA-App, wie die Indoornavigation mit iBeacons wichtig. Darüber hinaus testen wir in unserem Haus in Berlin Lichtenberg Click & Collect 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche. Wir haben einen Teil des Lagers so abgetrennt, dass der Kunde seine Ware abholen kann, wann er möchte und nicht nur zu den Öffnungszeiten, wie das aktuell in unseren anderen Häusern der Fall ist.

Wie sieht es mit Digital Signage aus?

Mette: Digital Signage nutzen wir bundesweit in unseren Restaurants. Früher mussten die Angebotstafeln immer alle drei Stunden ausgewechselt werden – Frühstücksangebot, Mittagessen, Kaffeeangebot. Das passiert jetzt per digital Signage. Auch in der Abteilung „Essplatz“ in der Möbelausstellung weist so ein Modul auf das Restaurant hin. Ich könnte mir aber auch gut vorstellen, zukünftig weitere Kommunikation, z. B. zu unseren Serviceangeboten, hierüber zu steuern.

Und für Sie persönlich? Was ist Ihr liebster digitaler IKEA-Service?

Mette: Da komme ich zurück auf die bereits eingangs erwähnte Küchenplanung. Wir möchten unseren aktuellen Marktanteil bei Küchen weiter ausbauen. Also haben wir uns die Customer Journey einmal genauer angesehen und festgestellt, dass die Kunden bei der Planung ausgestiegen sind – obwohl Sortiment und Preis stimmten. Im Jahr 2013 haben wir dann angefangen, einen telefonischen Küchenplanungsservice anzubieten. Die Kunden können sich ganz bequem von zu Hause aus, abends auf dem Sofa z. B. per Skype mit einem IKEA-Mitarbeiter in einem Customer Support Center verbinden und ihre neue Küche planen. Dieser Service hat uns – ohne dass wir diesen kommuniziert hätten – im ersten Jahr eine kleine siebenstellige Zahl Umsatz mit Küchen eingebracht. Aktuell erhöhen wir hier unsere Kapazitäten auf 30 Mitarbeiter/innen und werden diesen Umsatz im kommenden Jahr vervielfachen. Über die Implementierung eines digitalen Services, sind wir bei Kunden nun also wieder im Relevant Set. Das ist mein Lieblingsbeispiel.

 

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